Das Reparatur-Café – eine Erfolgsgeschichte des Seniorenbeirats
Immer mehr, teilweise neuwertige, Haushaltsgegenstände und Elektroartikel landen im Müll oder im Elektroschrott, weil man bei einem defekten Gerät im Fachhandel die Auskunft erhält: "Eine Reparatur lohnt doch nicht, da wäre doch die Brühe teurer als das Fleisch“. Tatsache ist, dass die Elektroindustrie gar nicht daran interessiert ist, dass die Artikel wirklich lange halten. Und so werden sogenannte Sollbruchstellen eingebaut mit der Folge, dass ein paar Monate nach Ablauf der Garantie das Gerät die "Grätsche" macht. Das Spiel wiederholt sich. Geräte, die manchmal nur einen kleinen Mangel haben und deshalb nicht mehr funktionieren, werden weggeworfen und die Schrotthaufen nehmen immer größere Ausmaße an.
Wie soll unsere Umwelt auf Dauer damit fertig werden? So kann es doch nicht weitergehen, das kann's ja wohl für die Zukunft nicht sein, da muss man doch etwas dagegen tun.
Aus Veröffentlichungen hatte Gerd Bock, unser zweiter Vorsitzender, Kenntnis davon erhalten, dass es in verschiedenen Städten sogenannte Reparatur-Cafés gibt, und er hat sich schlau gemacht, wie so etwas läuft. Seine Erkenntnisse aus den Umfragen waren ausschließlich positiv. So hat er in einer Sitzung unseres Seniorenbeirats das Thema angesprochen und angefragt, ob wir nicht auch in Selb ein solches Rep-Café ins Leben rufen sollten. "Gute Idee, mach mal", wurde ihm grünes Licht gegeben. Zunächst ging er auf die Suche nach einem geeigneten Raum, welchen er im Haus der Generationen fand. Der Oberbürgermeister und die Leiterin des FAM waren von der Idee sofort überzeugt und sagten volle Unterstützung zu.
Nun galt es, Mitmenschen zu finden, die ehrenamtlich diese Idee mit Leben erfüllen. In kürzester Zeit fand der Organisator einen Schreiner, zwei Elektriker, einen Elektroniker und einen Rentner für organisatorische Abläufe, die er von seinem Vorhaben überzeugen konnte. Und so wurde am 01.07.2017 das Reparatur-Café des Seniorenbeirats der Stadt Selb eröffnet.
Mit entsprechenden Veröffentlichungen machte Gerd Bock auf diese Neuerung aufmerksam und wir alle waren am Eröffnungstag gespannt, wie dieser Versuch anlaufen wird. Und wie der anlief! Gleich am ersten Tag kamen 30 Mitbürger mit defekten Kleingeräten. Inzwischen ist unser Reparatur-Café, das jeden ersten und dritten Montag im Monat am Nachmittag zwei Stunden geöffnet hat, ein Selbstläufer geworden.
In den vergangenen sechs Jahren wurden nicht weniger als rund 1800 defekte Geräte, von der elektrischen Zahnbürste über Kaffeemaschinen, Stereoanlagen, Bügeleisen und sonstiges angeliefert, von denen etwa sechzig Prozent repariert werden konnten. Freudestrahlend verlassen dann die "Kunden" das Reparatur-Café, meist nicht ohne einen kleinen Obolus in die Spendenbox geworfen zu haben. Mit diesen Spenden werden Werkzeuge und Kleinmaterialien gekauft, der Rest wird der Kasse des Seniorenbeirats zugeführt.
Inzwischen sind im Reparatur-Café ein Elektroniker, zwei Elektriker und zwei Allrounder ehrenamtlich tätig. Die Schreinerarbeiten erledigt Gerd Bock als Hobbyschreiner selbst.
Bild von den Mitarbeitern: v.l.: Allrounder Jürgen Maul, Allrounder Robert Jobst, Gründer , Leiter und Hobbyschreiner Gerd Bock, Elektriker Erwin Wendler, Elektroniker Theo Ruchel, Elektriker Manfred Fraas
Festzustellen ist aber: Unser Reparatur-Café ist keine professionelle Instandsetzungswerkstatt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter versuchen, aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung eine möglichst objektive Beurteilung der Instandsetzbarkeit der vorgestellten Geräte vorzunehmen. Aber leider ist es so, dass an vielen Stücken, die man über die Jahre liebgewonnen hat und an denen so manche schöne Erinnerung hängt, der Zahn der Zeit genagt hat und sie dann irgendwann einmal kaputt gehen. Und hier versuchen die Fachleute zu helfen. Aber, so sehr sie sich auch bemühen, einiges ist einfach nicht zu leisten. Sei es, dass keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind oder aus anderen Unwägbarkeiten. Am „Tag der Nachhaltigkeit“, welcher vom Bayerischen Umweltministerium im Zuge der Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen im neu gestalteten Park am Grafenmühlweiher ausgerichtet wurde, hat sich auch das Reparatur-Café des Seniorenbeirats der Stadt Selb beteiligt. In einem Pavillon wurden 25 reparierte Geräte zum Abholen bereitgestellt, und es konnten defekte Geräte abgegeben werden. Es kamen an diesem Tag viele Besucher, holten Geräte ab oder brachten welche zur Reparatur. Auch interessierten sich Gäste mit Fragen, welche Geräte denn überhaupt repariert werden, ob die Reparatur etwas kostet und wie sich der Ablauf darstellt. Am Mittag bekam das Reparatur-Café hohen Besuch vom Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber, begleitet vom Oberbürgermeister Uli Pötzsch. Der Gründer und Organisator Gerhard Bock schilderte dem Minister die Intention und die Gründung des Reparatur-Cafés und die in den sechs Jahren des Bestehens gemachten Erfahrungen. Dabei erläuterte er die Probleme, aber auch die positiven Erlebnisse, die den ehrenamtlichen Mitarbeitern eine große Befriedigung geben. Es sei den Beteiligten sehr wohl bewusst, dass der Seniorenbeirat von Selb mit seinem Reparatur-Café „die Welt nicht retten könne“, er könne aber sehr wohl dazu beitragen, den Berg Elektroschrott etwas geringer zu halten. Dass bei seinem Engagement auch der eine oder andere Bürger sein liebgewonnenes Gerät repariert wieder benutzen kann, wird von den „Kunden“ dankbar angenommen.
Das Lager im Reparaturcafé: Geräte mit grünem Zettel sind „gerettet“, die Gelben sind in Arbeit und bei den Roten ist leider nichts mehr zu machen.
Text und Fotos: Gerd Bock